Sprüche, Redewendungen, Traditionen. Unsere Sprache ist voll damit. Unsere Sprache ist immer wieder aktiv und verändert sich, doch vieles bleibt noch immer gleich, wie bei dem Spruch „Wer nicht will, der hat schon“, der einfach mal so rausgehauen wird. Was hat es mit diesem Spruch auf sich?
Inhaltsverzeichnis
Das Wesen des Spruchs
„Wer nicht will, der hat schon“ ist meistens eine passiv-aggressive Äußerung auf eine Entscheidung eines anderen Menschen und damit will man eine Ablehnung kommentieren, die einen doch irgendwie enttäuscht hat und die man nicht wirklich verstehen kann. Würde man sich über eine Ablehnung einer Sache oder einer Person freuen, dann würde man diesen Spruch nicht bringen. Es ist also eine Kundgabe einer Missgunst gegenüber dieser Ablehnung.
Was damit gemeint ist
Jemand lehnt ein Treffen, ein Glas Wasser oder die Unterstützung für irgendwas ab. Und dann muss man oder kann man davon ausgehen, dass derjenige etwas dementsprechendes schon gemacht hat oder bereits genug davon hat. Also bietet man jemandem Essen an, dann kann derjenige ablehnen, wenn er satt ist. Er hat also erst kürzlich etwas zu sich genommen. Hier trifft der Spruch wortwörtlich zu.
Es kann aber auch heißen, dass jemand etwas verpasst und man ihm so ironisch mitteilt, dass er wohl schon genug hat davon, was er eigentlich gut gebrauchen könnte und es wahrscheinlich nicht weiß. Das ist aber eher selten der Fall.
Der Spruch kann auch die Bedeutung von Trost haben. Wenn jemand von jemandem abgelehnt wurde, einen Job nicht bekommen hat, dann kann man demjenigen, der abgelehnt wurde, so Mut zusprechen, dass es nicht an ihm liegt, sondern dass jemand den Wert nicht erkannt hat oder schon jemanden von gleichem Wert erhalten hat.
Man muss nicht immer schon haben
Der Spruch unterschlägt, dass man nicht immer etwas schon vorher gehabt haben muss oder genug von etwas, sondern dass man etwas eigentlich überhaupt nicht will. Es gibt mehr als ein Wollen und ein schon haben in der komplexen Welt der Menschen. Und das sollte man auch beachten, wenn man diesen Spruch äußert, denn man könnte auch Gefühle verletzen, indem man jemanden Unterstellt, dieses oder jenes trotzdem zu wollen oder schon getan zu haben. Manche Menschen wollen sich aus gewissen Dingen gänzlich raushalten und fernhalten und es wäre unfair, sie in eine Ecke zu drängen und ihnen Motive zu unterstellen, für die es keinerlei Anhaltspunkte gibt.
Selbsttherapie
Den Spruch zu sich selbst zu sagen, kann auch eine Therapie sein, wenn man den kleinen Schock einer Ablehnung erhalten hat. Eventuell hat man seinen ganzen Mut zusammengenommen und jemanden nach einem Date gefragt und dann kommt die Ablehnung. Das ist ein Schock. Ein kleiner. Aber es ist ein Schock und der kann mit solch einem tröstenden und lockeren Spruch direkt abgeschwächt werden. So bleibt man selbst auf der Bahn und stürzt nicht in ein tiefes Loch der Selbstzweifel. Jemand hat schon, aber das ist okay. Das kann der Spruch auch sagen. Es ist für einen selbst der Trost, den man manchmal braucht, wenn sonst niemand da ist, um einen zu trösten.

Mein Name ist Anatoli Bauer und ich wohne ganz im Norden von Deutschland an der Nordseeküste in Husum. 1997 bin ich mit 9 Jahren als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen. Seitdem habe ich mich leidenschaftlich gerne mit der deutschen Sprache beschäftigt und irgendwann ist die Idee zu einer Sammlung von Erklärungen für Fachwörter und Fremdwörter entstanden. Nun befinden sich hier auf Fachwort24.net über 500 Erklärungen für Fachwörter und die Sammlung wird regelmäßig erweitert.
Eine sehr wertvolle Seite. Ich habe immer gedacht, eine Arbeit, die Erasmus von Rotterdam mit seinen ‚Adagia‘ begonnen hat, nämlich die kulturbildenden Sprichworte mit Erklärungen allen zur Verfügung zu stellen, ist eine Aufgabe, die niemals aufhört Frucht zu bringen. Schön, dass Sie sich dem widmen.
Vielen Dank, das hört man gern!