
Wortherkunft
Das Wort kommt in zwei Teilen aus dem Lateinischen: ambi bedeutet „von zwei Seiten“, valens kann mit „stark“ oder „mächtig“ übersetzt werden.
Wortbedeutung und Synonyme
Ambivalent steht als Adjektiv für etwas Widersprüchliches oder Doppeldeutiges. Passende Synonyme sind daher auch mehrdeutig, doppelsinnig oder zwiespältig.
Sprachlich eng verwandt ist die Ambivalenz als Substantiv.
Beispiele aus der Psychologie
Unsere Gefühle können ambivalent sein, vor allem in Bezug auf andere Personen. So kann eine Frau ihren Mann für einen Seitensprung verfluchen, ihn aber mit all den Gefühlen und Erinnerungen an viele schöne gemeinsame Jahre dennoch lieben.
Auch Beziehungen wie tiefe Freundschaften können ambivalent sein bzw. dazu werden. Dafür steht das Beispiel von zwei sehr guten Schulfreunden, die nach dem Abitur an der gleichen Uni das gleiche Fach studieren und in eine WG ziehen. Später bewerben sie sich um die gleichen Praktikumsplätze und Jobs. Freundschaft wird so zur Konkurrenz, aber wenn sich beide nach wie vor respektieren und die Konkurrenz um Jobs nicht als persönlichen Angriff werten, kann die Freundschaft als ambivalentes Verhältnis weiterbestehen. Beide sitzen dann immer noch am WG-Tisch beim abendlichen Bier, wünschen aber insgeheim dem anderen, auf die Bewerbung eine Absage zu bekommen.
Wichtig ist festzuhalten, dass ambivalent nichts psychisch krankhaftes ist. Vor allem beim Synonym „zwiespältig“ denkt man schnell an zwiegespaltene, also krankhaft schizophrene Persönlichkeiten, aber das muss klar getrennt werden. Jeder kann mal widersprüchliche Gefühle haben, das ist ganz normal. Auch unser tägliches Verhalten kann ambivalent sein. Wir können uns Sorgen um die Zukunft oder Gesundheit machen und trotzdem eine große Party feiern. Wir können auch täglich eine Runde joggen – „Ich tue was für die Gesundheit“ – und trotzdem abends noch mal schnell eine Zigarette rauchen gehen und wieder Pizza statt Salat essen.
Beispiele aus Gesellschaft und Politik
In den Sozialwissenschaften sind ambivalente Wertehaltungen schon öfter in Umfragen deutlich geworden und lassen sich mit der Einstellung „Ja, aber nicht bei mir“ erklären. Egal, ob es um den Bau von Windrädern oder Verzicht für den Klimaschutz geht: oft werden Maßnahmen unterstützt, solange sie allgemein und weit weg vom persönlichen Bereich bleiben. Geht es aber um die konkrete Umsetzung, die auch uns selbst direkt betrifft, wird aus Zustimmung schnell Ablehnung. Das Motto lautet dann: Windräder sind gut als regenerative Energiequellen, aber ich will sie nicht vom Garten meines Hauses sehen! Oder: Ja, wir müssen alle für den Klimaschutz auf etwas verzichten, aber ich will weiter mit dem Auto statt dem Zug zur Arbeit fahren. Beide Haltungen sind inkonsequent und damit widersprüchlich und innerlich zwiespältig, eben typisch ambivalent.
Ambivalenz wird oft auch in der Politik zum Problem. So wollen sich demokratische Regierungen für Menschenrechte einsetzen, können aber aufgrund zu großer wirtschaftlicher Abhängigkeiten nicht auf Handelsbeziehungen zu arabischen Staaten oder China verzichten. Die serbische Politik der letzten Jahre mit dem Versuch, gute Beziehungen zu Russland aufrecht zu erhalten, auf der anderen Seite aber das Land in Richtung EU-Beitritt zu führen, kann ebenfalls als ambivalent charakterisiert werden. Eine gewisse Zeit lang kann das erfolgreich sein, aber nicht auf Dauer.
Ist Ambivalenz positiv oder negativ?
Auch wenn es sehr paradox klingt: die Ambivalenz ist selbst ambivalent zu bewerten – sie hat gute und schlechte Seiten zugleich.
Das Leben ist nicht immer nur schwarz oder weiß, manchmal ist es beides zugleich, das ist der Ausdruck der Komplexität, die uns täglich umgibt. Zu sehen, dass es oft verschiedene Möglichkeiten und Wege gibt, öffnet uns für neue Wege, Denkweisen und Handlungen. Damit hat Ambivalenz etwas grundlegend positives. Zu einem Problem wird sie erst, wenn man einen inneren Zwiespalt nicht bewältigen oder sich zwischen zwei Optionen nicht entscheiden kann. Eigentlich geht es bei ambivalenten Dingen nicht um gut oder schlecht, sondern nur den richtigen Umgang damit.

Mein Name ist Anatoli Bauer und ich wohne ganz im Norden von Deutschland an der Nordseeküste in Husum. 1997 bin ich mit 9 Jahren als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen. Seitdem habe ich mich leidenschaftlich gerne mit der deutschen Sprache beschäftigt und irgendwann ist die Idee zu einer Sammlung von Erklärungen für Fachwörter und Fremdwörter entstanden. Nun befinden sich hier auf Fachwort24.com über 500 Erklärungen für Fachwörter und die Sammlung wird regelmäßig erweitert.