Komm an meine grüne Seite – Bedeutung der Redensart

Die Redensart ‚Komm an meine grüne Seite’ ist heutzutage nicht mehr sehr geläufig. Am ehesten kennt man sie aus dem Lied von Friedrich Silcher vom Anfang des 19. Jahrhunderts: „Mädel ruck, ruck, ruck an meine grüne Seite!“
Doch auch Manuel Weinspiel schrieb 1548: „kum grad zu mir, mins Cordelin, sitz an die grüene siten min“

Eine parallele niederländische Redensart gibt es mit: „iemands groene zijde“
Dennoch kann man sich fragen, was es damit auf sich hat. Hat sich der Sprecher grün angemalt, und das auch nur auf einer Seite? Sich grün und blau schlagen lassen? Oder geht es etwa um seine politische Ausrichtung? Und von welcher Seite spricht er eigentlich: der rechten oder der linken?

‚gruoen’ – althochdeutscher Ursprung des Wortes ‚grün’

Die Herkunft des Wortes ‚grün’ ist relativ klar. Im Althochdeutschen existierte noch das Verb ‚gruoen’, das ‚wachsen, grünen’ bedeutete. Das englische Verb ‚to grow’ hat hier zum Beispiel seinen Ursprung. Das zugehörige Adjektiv war ‚gruoni’. Es bedeutete also ‚wachsend, sprießend’ oder ‚grasfarben’.
Aus diesem Adjektiv entwickelte sich zunächst das mittelhochdeutsche ‚grüene’, aber auch zum Beispiel englisch ‚green’ und eben auch deutsch ‚grün’.

‚unreif’ bis ‚frisch’ – Bedeutungen von ‚grün’ heute

‚Grün’ ist im Deutschen nicht nur die Bezeichnung für eine Farbe, sondern es wird auch einerseits als Gegensatz zu ‚verwelkt’ oder ‚trocken’ gebraucht, andererseits auch als Gegensatz zu ‚reif, rot’. Dementsprechend kann das Adjektiv ‚grün’ genauso gut ‚wachsend, frisch, jung’ bedeuten wie ‚unreif, unerfahren’. Letztere Bedeutung kennen Sie aus der Wortbildung ‚Grünschnabel’ oder dem englischen ‚Greenhorn’. Erstere findet sich zum Beispiel im ‚grünen Speck’ wieder, was frischen, ungeräucherten Speck meint. Gleichzeitig ist grün die Farbe des Frühlings und steht damit für Hoffnung und Angenehmes; daher resultieren Wendungen wie ‚jemandem nicht grün sein’ für jemanden, mit dem man nicht viel Angenehmes verbindet.

Ich meine es ehrlich

Kompliziert wird die Sache, wenn man versucht, diese Erkenntnisse auf die Redewendung ‚Komm an meine grüne Seite’ anzuwenden. Sie kann also einerseits mit der ‚grünen Seite’ die angenehme, frische Seite meinen oder andererseits die dem Wachstum und Leben zugehörige, lebendigere eben.

Übrigens stand Grün in der Blumensprache des Mittelalters für den Anfang einer Liebe, auch darauf könnte Bezug genommen werden in der Redensart von der Grünen Seite. Immerhin wird die Redewendung von der ‚grünen Seite’ durchgehend im Zusammenhang einer Liebe oder zumindest eines Flirts gebraucht.

Im Christentum ist traditionell Grün die Osterfarbe, die für Hoffnung und Unschuld steht. Dementsprechend wird mit der ‚grünen Seite’ auch immer wieder die bessere Seite gemeint.
‚Komm an meine grüne Seite’, meint häufig auch: „Ich bin unschuldig, ich meine es ehrlich.“

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein